Die Früchte, die man erntet by Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt

Autor:Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt [Hjorth, Michael & Rosenfeldt, Hans]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General, Kriminalroman, Mystery & Detective, Police Procedural, Fiction
ISBN: 9783644221314
Google: UKcrEAAAQBAJ
Herausgeber: Rowohlt Verlag GmbH
veröffentlicht: 2021-10-12T21:58:57+00:00

Sie waren wieder in seinem Praxisraum.

Tim hatte vorgeschlagen, sie könnten sich in der Stadt treffen, aber Sebastian wollte sich in seiner Wohnung in der Grev Magnigatan verabreden. Er hatte das Gefühl, dadurch wieder ein wenig die Oberhand zu gewinnen, und das brauchte er dringend.

«Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Meinung zu ändern?», fragte Tim, als er in dem einen Sessel Platz nahm.

«Ich wollte Ihnen noch eine Chance geben.»

«Ich hätte nicht gedacht, dass Sie der Typ sind, der den Menschen eine zweite Chance gibt.»

Die Antwort und das schiefe Grinsen erinnerten Sebastian wieder daran, warum er sich die ersten Male so gerne mit Tim unterhalten hatte. Er war schlau. Vielleicht verdiente er es sogar, die Wahrheit zu erfahren.

«Ich musste an eine Sache denken, die Sie gesagt haben. Dass wir einander vielleicht helfen könnten.»

«Das heißt, Sie sind jetzt nicht mehr mein Therapeut?»

Sebastian antwortete nicht sofort. Nachdem er beschlossen hatte, Tim erneut zu treffen, hatte er darüber nachgedacht, ob dies richtig oder falsch war. Wenn man von einem Verhaltenscodex für praktizierende Psychologen ausging, den es sicher irgendwo gab, war es falsch. Mehr als falsch, weil er Tim aus reinem Egoismus traf. Sebastian wollte sehen, ob er ihm in irgendeiner Weise nützen könnte. Er wollte ihn gewissermaßen ausnutzen. Inwieweit es für ihn persönlich richtig war, würde die Zukunft zeigen.

«Sie brauchen mich nicht zu bezahlen, wenn Sie nicht wollen», lautete seine Nicht-Antwort auf Tims Frage schließlich, nachdem er einige Sekunden lang geschwiegen hatte.

«Es ist vollkommen unwichtig für mich, ob ich bezahlen soll oder nicht», entgegnete Tim. «Ich möchte nur wissen, mit wem ich spreche.»

Wieder überlegte Sebastian kurz. Wer war er? Es ließ sich einfach festhalten, was Tim war: Im besten Fall die Lösung eines Problems. Der Traum war wieder da. Und hatte mehr Angst und Schuld im Schlepptau als früher. Das, in Kombination mit Tims Auftauchen, hatte ihn in diese Situation getrieben. Dafür gesorgt, dass er etwas tat, was er nie zuvor getan hatte.

Darüber zu sprechen.

Mit jemandem, dem er nichts erklären musste, der dasselbe erlebt, das Trauma und den Verlust auf eine ähnliche Weise verarbeitet hatte. Dem es nicht erlaubt worden war und der es sich selbst nicht erlaubt hatte zu trauern. Außerdem war Tim eine Person, zu der er keine dauerhafte Beziehung aufbauen musste. Er hatte gesagt, dass er nie länger als drei Jahre an einem Ort blieb, und in Stockholm war er schon seit zweien. Tim würde also bald wieder umziehen.

«Nennen wir es Gesprächspartner», antwortete Sebastian. «Zwei Männer, die ähnliche Erlebnisse besprechen.»

«Dann müssen Sie aber auch etwas sagen, nur damit das klar ist. Sonst ist es kein Gespräch», stellte Tim Cunningham fest und zog eine gespielt ernste Miene.

«Fair enough, was wollen Sie wissen?»

«Wie alt war Sabine, als Sie sie verloren haben?»

«Dreieinhalb Jahre. Wie alt war Frank?»

«Vier. Ich war für zwei Jahre nach Thailand versetzt worden, als es passierte. Normalerweise hatten wir versucht, über Weihnachten wieder nach Sydney zu fahren, aber diesmal wollte Claire, dass wir bleiben. Ein einfaches Weihnachten am Strand feiern. Nur wir drei.»

«Ja, bei uns war es auch Lilys Idee gewesen, Weihnachten

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